Deutsche Ausländer- und Asylpolitik

Politik der Abschottung und Auslagerung 

Sichere Drittstaaten-Regelung

Diese Politik hat nicht erst als Antwort auf 2015 begonnen sondern bereits Anfang der 90´iger Jahre mit dem so genannten "Asylkompromiss". Deutschland führte auf diesem Weg die „Sichere Drittstaatenregelung“ ein und unterschied fortan zwischen politisch Verfolgten, die auf direktem Weg nach Deutschland kommen, und Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, welche auf dem Landweg die Grenze nach Deutschland passieren. Erste Gruppe wird seither Asyl gewährt, mit einem Aufenthaltstitel, der sowohl Familiennachzug, Beschäftigung als auch Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen erlaubt. Dagegen sollten die Anerkannten Flüchtlinge nach der GFK nur einen eingeschränkten Aufenthalt erhalten. Zwar ist die rechtliche Unterscheidung mit der Reform des Aufenthaltsgesetzes 2005 praktisch aufgehoben worden, die Regelung bleibt dennoch im Grund- und im Asylgesetz bestehen.

 

Dublin-Verfahren

Darüber hinaus war Deutschland der maßgebliche Antreiber für das Dublin-Verfahren war. Auf diese Weise konnte es seine Verantwortung nach der Genfer Flüchtlingskonvention für die Durchführung von Asylverfahren geographisch noch ein Stückchen weiter von sich weg schieben, nämlich von den sicheren Drittstaaten auf die Länder an den europäischen Außengrenzen. Nach der Dublin-Verordnung sind die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, welche ein Schutzsuchender zum ersten Mal betritt. Eine Verteilung von anerkannten Flüchtlingen auf die übrigen europäischen Länder sieht die Verordnung nicht vor.

 

Türkei-Deal

Als Antwort auf den Flüchtlingszustrom von 2015 geht die Bunderegierung noch einen Schritt weiter und legt die Verantwortung auf die Schultern von Ländern, die sich außerhalb der europäischen Union befinden. Mit dem Türkei-Deal bezahlt Deutschland für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei. Im Gegenzug musste die Türkei versprechen, die Flüchtlinge an der Überquerung der Grenze zu Europa zu hindern. Deutschland ist also nicht nur bereit, mit einem fragwürdigen Regime einen Deal zu schließen, sondern wird damit auch noch erpressbar, wie Erdogan im Frühjahr 2020 beweisen sollte. Einen ähnlichen Deal gibt es zwischen der Europäischen Union und Libyen, wobei hier unklar ist, mit wem die europäische Union den Deal geschlossen hat, denn in Libyen gibt es bislang keine gefestigten staatlichen Strukturen. Berichten zufolge profitieren Milizen von den von der Europäischen Union gezahlten Geldern, welche aber kein Interesse an einem Schutz der Menschenrechte haben. Aus diesem Grund berichten Menschenrechtsorganisationen über Inhaftierungen, von Folter, Missbrauch und Versklavung von Flüchtlingen, welche nach Libyen zurück gebracht wurden.

Lageberichte des Auswärtigen Amtes

Die Politik schlägt sich auch in anderen Bereichen nieder, nämlich sowohl in der Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge als auch der Verwaltungsgerichte. Grundlage der Entscheidungen sind vor allem die Lageberichte des Auswärtigen Amtes über die jeweiligen Länder. Auffällig ist, dass es nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes keine Flüchtlingsströme geben dürfe. Stichwort ist die so genannte „innerstaatliche Fluchtalternative“, die im Falle von Afghanistan insbesondere die Hauptstadt Kabul als sicheren Ort deklarierte. In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, warum die Lageberichte des Auswärtigen Amtes nicht öffentlich zugänglich sind, sondern nur im Rahmen von anhängigen Gerichtsverfahren vorgelegt werden. Und warum das Auswärtige Amt Berichte von namenhaften NGOs, UN-Organisationen und Gutachtern bei Erstellung der Lageberichte offensichtlich nicht berücksichtigt. 

Bewertung von Aussagen im Asylverfahren

Immer wieder wird von Asylbewerbern dargelegt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihnen soundso nicht glauben würde. Dass diese Aussage tatsächlich richtig ist, belegen die Kriterien, wonach das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und auch die Verwaltungsgerichte die Aussagen der Asylsuchenden beurteilen. Sie gehen nämlich zunächst davon aus, dass die Asylbewerber beim Interview und bei der Anhörung vor Gericht nicht die Wahrheit sagen (so genannte „Nullhypothese“), und sie erst durch ihre Aussage beweisen müssen, dass sie die Wahrheit sagen (Aussagepsychologie). Asylbewerber werden also von vornherein als Lügner bewertet. Diese Vorgehensweise trifft auch auf Opfer von Straftaten zu, welche als Zeuge in dem strafrechtlichen Verfahren aussagen.


Limitierte Aufnahme –

Das „Ortskräfteverfahren“

Wer sich das Ortkräfteverfahren genauer ansieht, wird feststellen, dass die Anzahl der Personen, die danach überhaupt antragsberechtigt sind, relativ gering ist. So werden nur die Personen zugelassen, die in den letzten zwei Jahren direkt bei einem Bundesministerium oder einer ihrer so genannten Durchführungsorganisationen angestellt waren. Zudem müssen sie eine individuelle Gefährdung nachweisen. Die Kriterien, wonach die Gefährdung eingestuft wird, sind dabei nicht öffentlich zugänglich. Außerdem steht einem Betroffenen keinerlei Rechtsmittel zu, sofern festgestellt wird, dass eine individuelle Gefährdung in seinem Fall nicht vorliegt. Argumentiert wird, dass es sich bei der Einschätzung der Gefährdung um einen reinen verwaltungsinternes Vorgang handele.

Festhalten an der Bürokratie

Die Bundesregierung hatte in den Medien immer wieder betont, dass die Evakuierung von schutzbedürftigen Personen schnell und unbürokratisch erfolgen muss und soll. Das Verfahren, welches die Landesinnenminister mit dem BMI jetzt ausgearbeitet haben, beinhaltet aber wieder bürokratische Hürden, die insbesondere unter der aktuellen Situation von den Betroffenen kaum zu überwinden sind. So wird wiederum der Nachweis eine individuellen Gefährdung verlangt sowie die Klärung der Identität in Form eines afghanischen Nationalpasses, oder zumindest einer Taskira. Kopien von etwaigen Nachweisen sollten dem Antrag beim BMI angehangen werden.


Abwarten und hinauszögern

Dass Visumsanträge bei deutschen Botschaften um ein Jahr dauern, ist gängige Praxis. Argumentiert wird regelmäßig mit der Überlastung der Botschaften. Fraglich ist, warum das Personal bei Kenntnis dieser Überlastung nicht aufgestockt wird und mit dieser Überlastung kontinuierlich weiter gearbeitet wird? Die lange Bearbeitungszeit von Anträgen gefährden in Afghanistan jetzt nicht nur die sogenannten Ortkräfte, sondern auch die Familienangehörige, die teilweise einen Anspruch auf einen Nachzug zu einem in Deutschland bereits befindlichen Angehörigen haben. Unbegleitete Minderjährige, die auf einen Nachzug zu ihren Eltern warten, trifft es besonders hart.

Afghanistan und viele offene Fragen

Dass die Evakuierung von Deutschen und afghanischen Ortskräften absolut schief gelaufen ist, spielt sich gerade vor den Augen der Öffentlichkeit ab. Dabei ist die Rechtfertigung der Bundesregierung, man habe die Lage falsch eingeschätzt, zu einfach. Es bleiben zu viele offene Fragen und der Eindruck, dass die Bundesregierung unter allen Umständen an ihrer Ausländer- und Asylpolitik festhalten wollte, koste es was es wolle. Außerdem ist bei der Regierung keinerlei Unrechtsbewusstsein zu erkennen. Vielmehr wird die Schuld von einem Ministerium zum anderen geschoben. Ob es zumindest eine politische Aufarbeitung geben wird, bleibt noch abzuwarten.

Bankrotterklärung für die deutsche Demokratie?

Die Auffassung der Bundesregierung lässt sich wahrscheinlich nicht besser darstellen, als beim Auftreten des Herrn Dr. Röttgen bei Frau Maischberger . Als vorderster Kritiker der Bundesregierung muss Herr Dr. Röttgen zugeben, dass auch er im Juni gegen den Antrag der Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN gestimmt hatte. Dabei ist nicht nur die Tatsache, dass „aus Prinzip“ dem Antrag der Opposition nicht zugestimmt wurde, höchst brisant. Viel bemerkenswerten ist die Aussage, dass es nach seiner Auffassung auf die Abstimmung im Bundestag gar nicht ankäme. Damit legt Herr Dr. Röttgen offen dar, dass die Bundesregierung dem Parlament, als gewählte Vertreter des Volkes, wenig Bedeutung beimisst. Es stellt sich demnach die Frage, wie es dann eigentlich um unsere Demokratie in Deutschland steht?

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