Flucht und Vertreibung

Unsere Sichtweise

Um Umstände und Situationen zu beurteilen, greift der Mensch auf seine persönliche Lebenswelt und Erfahrungen zurück. Aus diesem Grund beurteilen wir Flucht und Vertreibung immer von unserem  persönlichen Standpunkt aus, nämlich vom Standpunkt eines Mitteleuropäers, der das große Glück hat, seit 75 Jahren in Frieden leben zu dürfen. Unsere Heimat verlassen wir meistens nur, um in Urlaub zu fahren, oder zu fliegen. Dagegen gehört Flucht und Vertreibung nur noch in den Erzählungen unserer Großeltern und Eltern zu unserer persönlichen Lebenswirklichkeit.

Hinzu kommt, dass das Vorstellungsvermögen des Menschen begrenzt ist. Dinge, die nicht sichtbar sind, können wir uns kaum vorstellen. Aus diesem Grund fällt es uns so schwer, die Geschichten zu glauben, die Flüchtlinge uns erzählen. Sie scheinen zu grausam, um wahr zu sein. Leider ist es die Realität, denn es gibt nichts, was es nicht gibt. Menschen kommen nämlich auf die abscheulichste Ideen, um andere Menschen weh zu tun.

Fakten


Seit ein US-Präsident das Wort "Fakenews" maßgeblich geprägt hat, ist das mit dem Vertrauen an das, was uns die Medien als "Fakten" verkaufen wollen, immer so eine Sache. Wem soll ich in den heutigen Zeiten noch glauben und wer hat nur die Absicht, mir seine Meinung als die richtige aufdrängen? Glücklicherweise gibt es sie noch, die unabhängigen Medien, welche mit guter, fundierter Recherche uns "Fakten" präsentieren. Dummerweise mutet die Art und Weise, wie sie uns diese präsentieren, meist trocken an.  Wer liest schon gerne einen seitenlangen Artikel, oder guckt sich eine stundenlange Dokumentation an. Da sind die kurzen, emotionalen, prägnanten Mitteilungen in den sozialen Medien doch viel schneller und einfacher zu begreifen. Leider sind deren Inhalt weder gut noch fundiert, sondern häufig reine Meinungsmache.

"Mit Fakten gegen Vorurteile"

Ist eine kurzweilige und interessante Art, sich zuverlässige Fakten zum Thema Flucht und Migration zu verschaffen. Auf diese Weise soll mit den Vorurteilen, die uns täglich begegnen, aufgeräumt werden:

Weil wir üblicherweise so wenige Kenntnisse von den Ländern haben, aus denen die Flüchtlinge kommen, stellen wir uns vor, dass sie aus einem unzivilisierten Land aus völlig verarmten Verhältnissen kommen. Wir wissen nicht und können uns darum nicht vorstellen, dass die Menschen, die zu uns kommen, in ihren Heimatländern ein Leben hatten. Sie hatten Häuser, Grundstücke, ein Geschäft, einen Beruf, Familie, Verwandte und einen Freundeskreis; sie hatten eine Heimat. Mit der Entscheidung, zu fliehen, haben sie all das hinter sich gelassen und zwar für immer! Sie lassen das alles zurück, um in einer für sie völlig fremden Kultur mit einer völlig fremden Sprache neu anzufangen. Niemand lässt das freiwillig zurück. Flucht bedeutet also Verlust: Verlust der Heimat, Verlust der Familie und Freunde, Verlust des sozialen Standards und des Berufes, Verlust seiner persönlichen Identität und Armut.

Flucht ist niemals freiwillig

Flucht ist kein Urlaub

Flucht ist teuer und gefährlich. Viele der Flüchtlinge überleben den Weg aus ihren Heimatländern nach Europa nicht. Sie sind zu schwach, werden krank, verhungern oder verdursten, ertrinken im Mittelmeer, erfrieren in den Bergen des Iran oder im Norden von Russland, sie werden erschossen bei dem Versuch, die Grenzen zu überschreiten, vergewaltigt, versklavt oder ausgeraubt.

Eine Flucht kostet zwischen 2.000,- und 12.000,- US-Dollar pro Person. Das ist dann aber keine All-Inklusive-Fahrt nach Europa. Den größten Teil der Strecke wird zu Fuß zurückgelegt, denn zu Fuß fallen Flüchtlinge weniger auf. Zudem werden Routen abseits der großen Straßen genommen, durch Wälder und Berge. Geschlafen wird nicht in Häusern, sondern unter freiem Himmel und geflohen wird zu jeder Jahreszeit, in der größten Hitze, oder im tiefsten Winter bei Schnee und Eis. Gegessen und getrunken wird, was getragen werden kann. 

Es kommt immer wieder vor, dass Familien auf der Flucht getrennt werden. Männern und heranwachsenden Jungen werden beschwerlichere Wege zugetraut, um insbesondere Grenzen zu überschreiten. Einige Familienangehörige wissen bis heute nicht, wo ihre Ehepartner, Geschwister, oder Eltern sind. Das ist besonders für die Minderjährigen belastend, die sich dann plötzlich und völlig auf sich alleine gestellt in einem fremden Land wiederfinden.

Die Gründe, warum Menschen sich entscheiden, ihre Heimat zu verlassen und damit ihr bisheriges Leben aufzugeben, sind ganz unterschiedlich. Das können persönlich Gründe sein, politische Aktivitäten, oder kriegerische Auseinandersetzungen. Darum heißt es auch in der Genfer Flüchtlingskonvention, dass Flüchtlinge all die Menschen sind, die wegen ihrer Religion, Rasse, Volkszugehörigkeit, sexuellen Orientierung, ihres Geschlechts oder ihrer politischen Ansichten verfolgt werden. Sie erhalten den Flüchtlingsstatus. Einen ähnlichen Status erhalten die Menschen, die wegen einer kriegerischen Auseinandersetzung ihre Heimat verlassen.


Es gibt auch Menschen, die wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse ihre Heimat verlassen. Häufig werden sie von den Familien geschickt, damit sie Geld verdienen, um damit die im Heimatland zurückgelassene Familie zu versorgen. Sie werden weder als Flüchtlinge anerkannt, noch erhalten sie den subsidiären Schutz. Eine Rückkehr in ihre Heimat ist dennoch kaum möglich, weil die Familie sie verstoßen, wenn sie zurückkehren, ob freiwillig oder im Wege der Abschiebung. Für den Weg nach Europa wurde nämlich das Geld zusammen gekratzt, was sich nunmehr als Fehlinvestition rausstellt. Zudem lag das Überleben der Familie in den Händen des Rückkehrers. Mit dieser Verantwortung suchen diese Migranten verzweifelt nach Wegen, um in Europa zu bleiben. 

Flüchtlinge kommen NICHT des Geldes wegen

Sichere Staaten?

Die Beurteilung, ob ein Staat sicher ist, oder nicht, hängt nicht von der Meinung derer ab, die in diesem Staat leben, sondern von der Beurteilung, wie wir den Staat sehen. Das Auswärtige Amt erstellt so genannte Länderberichte, an denen sich sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch die Gerichte orientieren. Vornehmlich werden diese Berichte durch die Botschaften in dem entsprechenden Heimatland erstellt. Bemerkenswert ist, dass Deutschland weder in Syrien, im Irak noch in Afghanistan aus Sicherheitsgründen derzeit eine Botschaft unterhält.

Komisch mutet es auch an, die Sicherheit der Zivilbevölkerung eines Staates an der Zahl zu messen, die sich aus den jährlichen Todesopfern in Relation zu der Gesamtbevölkerungszahl ergibt. Demnach sei die Zahl der jährlichen Todesopfer in Relation zu der Gesamtbevölkerungszahl in Afghanistan zu gering sein.

Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge aus Afghanistan, Irak und Syrien sind nicht in Europa. Es sind vorwiegend die Nachbarstaaten, die die Mehrheit der Flüchtlinge aufgenommen haben. Für die Flüchtlinge aus Afghanistan ist es der Iran und Pakistan.

Die syrischen Flüchtlinge sind vorrangig nach Jordanien, in den Libanon und die Türkei geflohen. So befindet sich das größte Flüchtlingscamp mit ca. 4. Millionen Flüchtlingen in Jordanien; ein Camp so groß wie Berlin. Der Libanon hat eine Anzahl an syrischen Flüchtlingen aufgenommen, die fast so groß ist, wie seine gesamte Bevölkerung.

Nur ein Bruchteil der vor dem Krieg in Syrien geflohenen hat sich auf den Weg nach Europa gemacht. Viele Syrer hatten nämlich die Hoffnung, dass der Bürgerkrieg nicht lange andauern würde. Darum wollten sie in der Gegend bleiben, um nach dem Ende des Krieges wieder in ihre Heimat zurück zu kehren. Der Bürgerkrieg in Syrien dauert aber zwischenzeitlich knapp zehn Jahre an. In dieser Zeit haben viele Flüchtlinge die Hoffnung verloren, wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können.

Völlig übersehen werden die Menschen, die innerhalb des Landes Schutz suchen. Sie werden als so genannte Binnenvertriebene bezeichnet und tauchen in den Zahlen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen überhaupt nicht auf. Beispielsweise suchen irakische Flüchtlinge Schutz in dem autonomen Gebiet der Kurden im Norden des Irak.

Wir haben NICHT die Mehrheit der Flüchtlinge aufgenommen

Der Film "Under the wire" beschreibt nicht nur die Geschichte einer Journalistin und ihres Fotografen, sonders zeigt hautnah die verzweifelte Lage der zivilen Bevölkerung im syrischen Bürgerkrieg und ihr Ruf nach Hilfe.

Es ist unsere Verantwortung

Wer sich mit den Gründen von Flucht und Vertreibung aus Afghanistan, Syrien und Irak auseinandersetzt, wird mit einem Blick in die Geschichte dieser Länder sehr schnell feststellen, dass wir sehr wohl eine Verantwortung tragen. Insbesondere der Irak und Afghanistan sind zum Spielball der Interessen anderer Staaten geworden.

Heute sind es vor allem der Iran und Saudi Arabien, die um die Vormachtstellung in dieser Region buhlen. Dabei schrecken sie nicht davor zurück, Stellvertreterkriege, wie im Jemen, zu führen. Es scheint ein Kampf der Schiiten (Iran) gegen die Sunniten (Saudi Arabien) zu sein. Und dieser Kampf wird insbesondere durch Waffenlieferungen nach Saudi Arabien durch die USA und auch durch Deutschland sowie mit der Unterstützung des Iran und des syrischen Regimes durch Russland befeuert.

Außerdem hat die Syrische Bevölkerung Europa immer wieder um Unterstützung gebeten. Europa hat aber nicht reagiert und die Verantwortung lieber den USA, der Türkei und Russland überlassen. Für eine Intervention in Syrien scheint es daher fast schon zu spät zu sein. Europa hat einfach zu lange gezögert.

Solang die Verhältnisse in den Ländern so sind, wie sie aktuell sind, wird es Flucht und Vertreibung geben. Aufgrund des Klimawandels und der Umweltverschmutzung ist zu befürchten, dass die Zahl der Flüchtlinge noch steigen wird. Wer Flucht und Vertreibung wirklich bekämpfen will, der muss also die Verhältnisse in den Heimatländern ändern.

Es hängt von uns ab, ob wir das tatsächlich wollen. Da spielen vor allem wirtschaftliche Erwägungen, aber auch politische Interessen eine große Rolle. Diktatoren werden beispielsweise geduldet, weil sie vorgeben, uns im Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen. In wirtschaftlicher Hinsicht stelle ich die These auf, dass uns ein fairer Handel mehr kosten würde, als die Unterstützung der Flüchtlinge bei uns im Land. 

Flüchtlingspolitik wird nicht in Deutschland gemacht

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